Am 8. Juli hat das EU-Parlament das EU Mobility Package, genauer: das Mobilitätspaket I, verabschiedet. Drei Jahre eifriger Diskussion gingen zu Ende. Auswirkungen wird es bereits in diesem Sommer auf Lkw-Fahrer haben. Vier Wochen Fahrt im Ausland wird eine Woche in der Heimat – die sogenannte Ruhewoche – folgen. Das EU Mobility Package wird zum Ende des Jahres 2022 in Kraft treten.
DTCO 4.0 und DTCO 4.1 werden technischer Enabler
Der DTCO 4.0 von VDO wurde im Jahr 2019 am Markt eingeführt. Dem DTCO 4.1 kommt beim Mobilitätspaket I eine besondere Rolle zu. Erst mit den Features, welche das Gerät der nächsten Generation bietet, werden die Richtlinien des EU Mobility Package technisch umsetzbar sein – sehr zur Freude des Technologiekonzerns Continental. Dies bezieht sich in erster Linie auf Vorschriften zur Kabotage und auf die Entsenderrichtlinie für Arbeitnehmer im Transportgewerbe. Im Detail geht es hier um Dokumentationspflichten, denen man mit dem DTCO 4.1 nachkommen können wird.
Grenzübertritte per Satellitenortung trackbar
Die Grenzübertritte von Nutzfahrzeugen ist ein zentrales Thema des EU Mobility Package. Durch Satellitenortung mit den Systemen Glonass, Galileo und GPS will man erkennen, wann ein Nutzfahrzeug die Grenze zum Nachbarland überschreitet. Gilles Mabire – Leiter der Geschäftseinheit Commercial Vehicles & Aftermarket bei Continental – begrüßt das EU Mobility Package „Wir begrüßen sowohl die Nutzung des DTCO für die Kontrolle von Kabotage- und Entsenderichtlinie als auch die Erweiterung der Tachographenpflicht auf Nutzfahrzeuge zwischen 2,5 und 3,5 Tonnen Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr“.
Die Handwerker-Ausnahme im Mobilitätspaket I
Bisher waren Nutzfahrzeuge von Regelungen ausgeschlossen, wenn diese Maschinen oder Materialien befördern, welche im betriebsnahen Bereich im Radius von 100 km geliefert werden. Diese Handwerker-Ausnahme soll auch im Rahmen des Mobilitätspaket I weitergelten. Nutznießer der Handwerker-Ausnahme sollten allerdings bedenken, dass Ihnen für alle betroffenen Fahrzeuge der Größenklasse 2,8t bis 3,4t das Führen eines Fahrtenbuchs auferlegt ist.
Die neue Generation: der DTCO 4.1
Das EU Mobility Package bringt noch weitere Veränderungen mit sich. Die Kontrolle der Kabotage- und Entsenderichtlinie durch die digitalen Tachographen für einen faireren Wettbewerb in Europa ist das Eine. Das Andere ist eine Erweiterung der Tachographenpflicht auf die Nutzfahrzeuge der Größenklasse 2,5t bis 3,5t, sofern diese am grenzüberschreitenden Verkehr teilnehmen.
Der DTCO 4.1 wird derzeit bei Continental entwickelt. Die Geräte werden jedoch nicht vor 2021 Marktreife erlangen, doch auch schon die derzeitige Gerätegeneration mit dem DTCO 4.0 ist in der Lage, Satellitensignale zu verarbeiten. Die Ortung der Nutzfahrzeuge per Satellit ist tatsächlich ein wesentlicher Kernpunkt im EU Mobility Package. Somit erhält der DTCO 4.1 die Rolle des Enablers. Einen weiteren Pokal räumt der digitale Tachograph von VDO ebenfalls ab: der DTCO 4.1 wird die erste industrielle Anwendung sein, welche das europäische abgesicherte Galileo-Signal (OSNMA) unterstützt.
Harmonisierung des Binnenmarkts als Outcome des EU Mobility Package
Seit langem gibt es Spannungen zwischen den Teilnehmern am EU-Binnenmarkt. Das Thema für Transportpolitiker aus West- und Osteuropa sind dabei vor allem die Preise, mit denen osteuropäische Unternehmer auf den Binnenmarkt drängen. Das EU Mobility Package gleicht hier die Wettbewerbsbedingungen an, was dazu führen wird, dass Osteuropäer mehr Auflagen erfüllen müssen, um weiterhin am EU-Binnenmarkt teilzuhaben. Mit dieser Einschränkung des freien Wettbewerbs beendet die EU allerdings auch entstandene Regelungen einzelner Staaten.
Zustimmung auch aus dem Gewerkschaftslager
Das EU Mobility Package wird auch von der ETF, der europäischen Transportarbeitergewerkschaft begrüßt. So führte deren Präsident Frank Moreels aus „Die neuen Regeln werden der schädlichen Situation ein Ende setzen, in der Lkw-Fahrer monatelang unter entsetzlichen Bedingungen in ihren Fahrzeugen lebten und arbeiteten„. Die neue Regelung, nach der drei Arbeitswochen im Ausland eine Ruhewoche im Heimatland folgen muss, findet die Zustimmung der ETF. Hier sieht Moreels das Mobilitätspaket I als Schritt in die richtige Richtung und sieht vor allem der fairen Transport im Fokus stehen.
Auch in Skandinavien waren die Praktiken der Osteuropäer der Gewerkschaft ein Dorn im Auge. Sozialdumping und systematische Kabotage-Operationen sieht Erik Østergaard nun als gekippt an. Der Vorsitzende der Dachorganisation der skandinavischen Transport- und Logistikverbände NLA äußerte sich hier sehr direkt. Nicht weniger direkt ließ sich Prof. Dr. Dirk Engelhardt als Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) vernehmen. Er erwartet starke positive Auswirkungen für den Straßengüterverkehrsmarkt.
„Ich bin davon überzeugt, dass wir alle davon profitieren, wenn in unserem Binnenmarkt gemeinsame Regeln herrschen. Denn wir haben beobachten können, was passiert, wenn das nicht der Fall ist: Mitgliedsstaaten setzen ihre eigenen Regeln. Die Folge ist eine Fragmentierung des Binnenmarkts.“ erklärte auch der finnische Europaabgeordnete Henna Virkkunen gegenüber Euronews.